Wunder gibt es immer wieder

Heute oder morgen. Und sie geschehen wirklich. Mein Kollege Franz hatte gestern seine Kontrabassbögen im Futteral vor der Abfahrt aufs Autodach gelegt. So ein Autodach ist tückisch. Jedenfalls kamen die Bögen nicht mit ihm am Ziel an, sondern fielen vorher herunter. Er fuhr danach die Strecke viele Male ab. Nix.

Heute ging seine Gefährtin noch mal los und fand die Finderin der Bögen. The Humming Trees hatten ja gestern Konzert und Jörg und ich hatten schon erklärt, dass die Bögen zurückkommen. Niemand kann damit wirklich was anfangen. Jeder, der das Gefundene verkaufen will, steht vor dem Problem wie wo wann. Wir spielten schöne zwei Stunden Musik und vergaßen alles. Ich rief meine liebste Göttin. Beten hilft. Aussichtslose Situationen werden vielleicht nicht sofort bearbeitet. Damit muss man rechnen. Aber manchmal gehts auch fix. In diesem Sinne: Es gibt eine zweite dritte vierte Ebene, die sich unserer Manipulation entzieht. Punkt.

Beim Folkstanzvolk

Schön war es gestern im Lindensaal zu Markkleeberg. Viel Folkstanzvolk hatte sich versammelt, um gemeinsam tanzend 40 Jahre Tanzgruppe “Kreuz & Square“ zu feiern. Natürlich mit unserer eigens gegründeten Folkstanzjubelband. Schon zur Probe am Nachmittag floss mir der Schweiss in Bächen vor Konzentration, die Hitze tat ein übriges. Irgendwie konnte ich die Schönheit des Abends erst am Ende richtig schätzen, nachdem es gelungen war, den Karren ohne grössere Radbrüche durch die Stücke zu lenken. Wir haben halt als Band keine Routine, im musikalischen Miteinander nicht, im Deuten unserer Zeichen und Signale nicht, im Austausch mit der Tanzmeisterin nicht und als Tanzbegleitung eben auch nicht. Hat höchstwahrscheinlich ausser mir niemand gemerkt 😉

Eva Sollich war da, die grosse alte Dame der DDR- Volkstanzszene, sie schenkte uns einen Strauss Rosen, bewegende Worte und eine Dankeskarte. Ja, ich bin gerne Teil dieser Tradition. Meine Grossmutter schrieb Musiken für Volkstänze, mein Vater tanzte als Junge in einer Gruppe und folgerichtig hab ich dann meine deutsche Herkunft bei den Bierfiedlern und den Leipziger Folksessions bearbeitet. Ich fand das hilfreich für die weitere künstlerische Auseinandersetzung mit aussereuropäischen Kulturen.

Soweit ich hörte, bin ich gestern vor allem als Sängerin angekommen. War wohl für viele eine Überraschung. Vielleicht sollte ich diesen Teil meiner Möglichkeiten etwas offensiver präsentieren. Mal schauen.

Was ich grade lese

Patti Smith „Just Kids“ – die Geschichte der Freundschaft/ Liebe/ künstlerischen Partnerschaft zu/ mit Robert Mapplethorpe. Ihr Leben als sehr junge Frau im New York der 60er und 70er. Wie sie zu schreiben begann und (den singenden Dichter Jim Morrison als Inspiration) eine Sängerin und Rockmusikerin wurde.

Texte von Audre Lorde „Vertrauen, Kraft und Widerstand“ (herausgegeben von AnochK Ibacka Valiente) – „Liebe zwischen Frauen ist besonders und kraftvoll, denn wir mussten lieben, um leben zu können. Liebe ist unser Überleben gewesen.“

Ulrike Guérot „Wer schweigt, stimmt zu“ – grade wollte ich es kaufen, schwups bekomm ich es geschenkt. Ein paar kluge Gedanken über unseren Umgang mit vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Krisen. Dass man eine Frau im öffentlich-rechtlichen Fernsehen niederreden darf wie in der allerletzten RTL-Mobbing-Sendung dürfte doch einige ZuschauerInnen ermuntert haben, sich dafür zu interessieren, was Ulrike Guérot zu sagen hat, wenn sie niemand ständig unterbricht.

Bianca Ely (Hg.) „Wie war das für euch? Die 3te Generation Ost im Gespräch mit ihren Eltern“ – die Jahrgänge der 1975-1985 in der DDR Geborenen fragen nach, wollen wissen, was das für ein Land war und wie man darin lebte. Ein Plädoyer für mehr Gespräche zwischen den Generationen. Herkunft, Wurzeln, Sozialisation und die Zwischenräume, das nicht Fassbare, das „was rumort“ spielen eine Rolle für das Leben im Hier und Jetzt. Wenn die Erwachsenen in einer Umbruchsituation/ in einer Krise überfordert, abwesend und sprachlos waren/ sind, ist das verständlich. Es sollte nur nicht bis in alle Ewigkeit selbstverständliche Normalität sein.

Wäre gut, wenn wir zügig beginnen würden, die Folgen der pandemisch inspirierten Maßnahmen, Ereignisse und Verwerfungen in Politik und Gesellschaft entsprechend offenzulegen und aufzuarbeiten.

Schild an einem Gartenzaun in Ostdeutschland 2022

Und: Thomas Oberender „Empowerment Ost“!

„Thomas Oberender legt die verblüffende Andersartigkeit der Wahrnehmung unserer jüngeren Geschichte in Ost und Westdeutschland offen. Er analysiert den sogenannten »Aufbau Ost« und beschreibt die Revolution der ostdeutschen Bürgerbewegung als eine radikale Demokratieerfahrung, frappierend visionär und realistisch zugleich. Ein Vorläufer des politischen Aktivismus von heute. Empowerment Ost ist ein Kompass für eine Wiedervereinigung auf Augenhöhe und ein begeisternder Aufruf für die Möglichkeit einer anderen Zivilgesellschaft.“

Der Himmel über Leipzig

Verorten und Verwurzeln

Das funktioniert immer am besten, wenn ich zu Plätzen meiner Kindheit reise. Wieder mal der Solewasser-Vitalpark = Solefreibad in Bad Frankenhausen. Mit gut gewässerten Wurzeln und nachdem ich vor lauter Begeisterung gleich meinen Schrankschlüssel im Wasser verloren hatte, ging es zur Elisabeth-Quelle (die vor allem die Kyffhäusertherme mit Sole versorgt) und danach auf ins Panoramamuseum. Wenn ich zwischendurch mal kurz an der Sinnhaftigkeit meines künstlerischen Tuns zweifle, setze ich mich gern zu Tübke. 11 Jahre hat er an diesem Monumentalbild gearbeitet und es 1987 vollendet. Ja, es war möglich, aus der DDR auszutreten und etwas zu erschaffen, was auch einen Staat überlebt. Ich saß eine halbe Stunde in der Stille und dem leisen Geflüster der (wenigen) anderen BesucherInnen. Ist doch egal, wie lange es dauert, sagt das Bild. Mach einfach.

Dann weiter zu meiner Rahmentrommelmeisterin und ein paar ihrer erhellenden Unterweisungen. Die nicht nur im Kopf, sondern auch in den Händen Licht anmachen. Erkenntnisse gewinnen und ihnen erlauben, sich zu manifestieren, zu materialisieren, zu verkörpern. Damit ist auf spiritueller Ebene alles geklärt – der Rest ist Zeit, Geduld und Training. Naja. Fuchs steh mir bei!

Zurück vom „improhazard“

Ein großes glückliches Familientreffen zum „Festival improvisierter Musik“ in der sächsischen Provinz mit Anreisen bis zu 600 km und neuen Ausblicken für die regionalen Improscenes. Vergangene AHA-Erlebnisse und Initiationen wurden geteilt, Micha Breitenbach bewies uns allen, dass er nicht nur ein begnadeter Sopransaxofonist sondern auch ein ebenso begnadeter Vegan-Koch ist. Und natürlich Musik, Bier, Gespräche und persönliche Präsenz. Die Hofkatzen taten ihr Bestes, uns durcheinander zu bringen.

Ich nahm nach kurzem Nachdenken nur Geige und Toni mit – gute Entscheidung, es waren ausreichend Blinkelämpchen vor Ort. Musik ist unsere Sprache. Über alle Grenzen hinweg.

Gestern früh kurzes Telefonat mit Madagaskar, irgendwie kann ich mit Ricky immer wieder völlig unmotiviert in schallendes Gelächter ausbrechen. Ich glaube, wir waren grade bei dem Thema, wie verrückt alles um uns rum ist und dass das einzig Reale unsere Proberäume sind. Oder so.

Ich möchte gerne den Warschauer Pakt neu gründen, damit die NATO wieder einen realen Feind und nicht nur eine Projektionsebene hat. Irgendwie ist mir das 30 Jahre nicht aufgefallen, dass es immer noch ein Verteidigungsbündnis gegen, ja …. nun …. gegen was gibt? Die Sowjetunion hat nach dem Herbst 1989 alle Truppen und auch die atomwaffenbestückten Mittelstreckenraketen aus Ostdeutschland abgezogen. Und auch aus der Ukraine (z.B.). Die USA hat was abgezogen?

Projektionen sind an sich kein Unglück. Natürlich darf ich an meinem Küchentisch vor mich hin projizieren – das ist in vielen Fällen einfacher, als mal über sich nachzudenken und den Feind im eigenen Herzen zu erkennen. Manchmal geht das eben nicht. Da bin ich voll Sufi. Aber, die Sache ändert sich, sobald ich Entscheidungsträgerin und Machthaberin bin.

Ich bin unter Ronald Reagan aufgewachsen. Für den war die Sowjetunion das Reich des Bösen! Nicht im übertragenen Sinne, sondern ganz und gar buchstäblich! Das prägt. Und macht einen gewaltigen Unterschied bei ostdeutscher oder westdeutscher Sozialisation. Wir hier brauchen unseren Zugang zur Welt als Ostdeutsche und Osteuropäer!nnen. Und, soweit gehe ich —- die Welt braucht ihn auch. Wir wissen um den Schmerz, nicht wirklich deutsch, nicht wirklich europäisch zu sein. Wir wissen, wie Geschichte(n) unerzählt bleibt. Wir wissen, wie komplexe Situationen auf leichtverdauliche Eindimensionalitäten heruntergebrochen werden. Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn unsere Mitmenschen glauben, wir wären indoktriniert/ aufgehetzt/ asozial/ Feinde des Sozialismus (= der guten Sache). Wir wissen, wie schwer es ist, zu verzeihen. Bespitzelung, Zerstörung persönlicher und beruflicher Beziehungen, Schweigen, Angst. Angst, nicht vor dem Gefängnis oder dem Tod. Nein, Angst vor der gesellschaftlichen und sozialen Ächtung. Wir wissen, wie komplex und kompliziert ein Systemwechsel ist. Und wir wissen, wieviel Wut entsteht, wenn du dabei nicht mit deiner ganzen Persönlichkeit/ Präsenz/ Schöpferkraft anwesend sein darfst, weil es schlicht niemanden interessiert. Und wenn du endlich deine Wut in Trauer verwandelt hast, dann bist du ein undankbarer Jammer-Ossi. Nun, 30 Jahre später, ist es Zeit für neue Allianzen. Solidarität, Mitgefühl und aufrechten Gang.

Die aktuellen Reaktionen auf den Feind Covid oder Putin sind nicht wirklich überraschend. Ich hätte mir gewünscht, dass ich das NachObenTreiben der totalitären Sedimente in diesem Leben nicht noch einmal erfahren muss. Nun, IHR seht mich wach.

Neuer Folkletter für Leipzig und überall

Mit Empfehlungen zum Hören, Singen, Spielen und Tanzen (Folk/Welt/Trad Musik). Er ist heute und immerdar (also bis sich die InitiatorInnen was anderes überlegen) alphabetisch gerecht eingeteilt in: FESTIVALS/KONZERTE, SESSIONS & TANZ. Viel Freude beim Stöbern – wir sehen uns?

Ihr wollt die Folk News nicht verpassen, dann meldet euch unbedingt gleich an 

Liebe Grüße, Helene, Peggy, Ronja & Wolfgang (also ungefähr die AG Ostfolk, die Palmengarten Balfolk-Session und Teile des Vereins Leipziger Liederszene)

Hat Ingeborg hier mit Freude weiterverteilt!

Wichtige Worte

Waffenstillstand. Neutralität, Autonomie, sprachliche und kulturelle Rechte, territoriale Integrität, europäischer Sicherheitspakt. Aussöhnung. Entmilitarisierung, Abrüstung, Rüstungskontrolle, Konfliktverhütung und Vertrauensbildung. Eine neue Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Deeskalation. Verhandlungen. Wandel durch Annäherung. Frieden.

Und ja, ich darf einem Gewalttäter aufs Maul geben. Die Sache ändert sich, sobald ich Aussenministerin bin, einen Schurkenstaat vor mir habe (oder hinter mir, ähem…) und die Anwendungen ein wenig komplexer werden. Moralische und strafrechtliche Eindeutigkeit in den Beziehungen zwischen Völkern, Staaten, Wirtschaftsregionen usw. sind leider sowas wie “die Wahrheit“. Es gibt sie nicht.

Künstlerische Interventionen

Am 28. Juni geleite ich gemeinsam mit anderen Aktivistinnen die Friedensstatue auf ihrem Weg von Leipzig nach Altenburg. Sie reist am Vormittag mit dem Zug ab. Die Friedensstatue ist ein Symbol der Hoffnung für die ca. 200.000 vor allem koreanischen Mädchen und Frauen, die im Zweiten Weltkrieg von Japans systematischen Entführungen und Zwang zur sexuellen Sklaverei als sogenannte „Trostfrauen“ betroffen waren. Und sie ist ein Symbol der Hoffnung für die Opfer sexuellen Terrors weltweit.

Ich werde mich zu ihr setzen und Rahmentrommel spielen, ein Instrument, was es fast überall auf der Welt gibt – verschiedene Kulturen, verschiedene Sprachen, verschiedene Namen, kreisförmig, recht- oder achteckig. Immer aber ein flacher, mit Fell bespannter Rahmen und immer ähnliche Spieltechniken. Seit dem Frühjahr 2021 sind Rahmentrommeln Teil meiner Musizierpraxis und praktischer Ausdruck meiner Hoffnung, dass es sich lohnt, immer wieder etwas Neues zu beginnen. Dass wir Aussöhnung, Austausch, kreative Auseinandersetzung, Schönheit und Frieden haben können, wenn wir uns dafür entscheiden. Dass Hass, auch Selbsthass, zu nichts weiter führt als zu noch mehr Hass. Dass Gewalt nur traumatisierte und von Hass und/ oder Selbsthass erfüllte Menschen produziert. Es gibt keine gute Gewalt. Nebenbei, es gibt auch keine böse Gewalt. Es gibt Ursachen, es gibt DenkenFühlenHandeln und Entscheidungen bzw. Konsequenzen. Den Teil des christlichen Abendlandes, der sich mit der Einteilung der Welt und ihrer BewohnerInnen in Gut und Böse beschäftigt, könnten wir getrost untergehen lassen. Ein paar Muslime, die die lebensfeindlichen Auslegungen des Korans entrümpeln, finden sich sicher auch und es wäre mal Zeit für Frieden in Palästina und die Abschaffung sämtlicher Ideologien, die Gewalt als Mittel zur Problemlösung verherrlichen. Ideologien sind Gedankenräume, die wir betreten oder verlassen können. Schlimm genug, wenn es nicht anders geht, weil mir nichts anderes einfällt. Ja, das ist dünnes Eis, ich weiß. Darunter lauert das Leben. Es heisst Mehrdimensionalität.

Zum Thema Sex-Zwangsarbeit in den Lagerbordellen hat Roswitha Baumeister gemeinsam mit Karin Kröll ein Gedenkzeichen/ einen Erinnerungsort im ehemaligen Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück geschaffen. Am 1. Mai 2022, zum 77. Jahrestag der Befreiung des Lagers, konnte es eingeweiht werden. Lange haben die Überlebenden geschwiegen. Und lange hat es gedauert, dem Erinnern Raum zu geben.

Gedenkzeichen im KZ Ravensbrück von Roswitha Baumeister/ Karin Kröll – für die Frauen, die Sex-Zwangsarbeit leisten mussten

Wenn DU die Friedensstatue auch in Leipzig verabschieden oder in Altenburg begrüßen möchtest oder beides, schreib mir kurz, ich leite dann die entsprechenden Infos an DICH weiter.

Hintergründe zur Friedensstatue von der AG Trostfrauen

Hier der überaus lesenswerte Artikel der Uni Leipzig/ Japanologie zu Trostfrauen/Friedensstatue

Wenn ein Kater und eine Krähe auf dich aufpassen …

… kann dir an sich ja nix passieren.

Mein Veranstaltungskalender ist aktualisiert. Wie immer: Mach dir mal Mut, Ingeborg Freytag, so schlecht sieht es gar nicht aus. Eigentlich kann ich alles aus vollem Herzen empfehlen. So sollte das auch sein. In meinem Unterrichtsuniversum tut sich auch was und mit „Dreistromland“ proben wir noch. Postpandemische Strukturen und Allianzen.

Über alles andere kann man ja nur noch Heulen, Lachen und AusserSichSein.

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