Kulturtransfer

Mit Ideen ins Oderbruch und mit Ideen heimgekehrt. Berliner Umland spricht sich um Meilen besser. Mit Installationen und Videokunst lockte die gebürtige Berlinerin Petra Hermann tatsächlich Menschen aus Berlin bis (fast) an die polnische Grenze. In der großen Ausstellungshalle und auf dem Freigelände gab es Objekte von Chris Hinze (nein, nicht der mit der Combination sondern der Ex-Gitarrist von Sandow, die Älteren werden sich erinnern). Petra machte mich ein paar Tage vor der Vernissage auf die „Metallwäsche“ aufmerksam, so konnte ich eine Auswahl an Sticks einpacken und den Garten gedanklich mit einbeziehen. Irgendwann verstand das Wetter dann auch, dass wir es ernst meinen und mit dem teils heftig böigen Wind zogen auch die Regenwolken weiter. Zumindest für die nächsten zwei Stunden, was für die Ausstellungseröffnung von Petra mit meiner Musik und ein inspirierendes Zusammensitzen am Schul-und Bethaus Altlangsow völlig reichte.

Nun plane ich einen Stipendiums-Aufenthalt. „Wenn du es im Leben zu etwas bringen willst, musst du lernen, die Staubflusen unter dem Bett zu ignorieren.“ Soll einst Marie Curie zu einer jugendlichen Assistentin gesagt haben. Das mit dem ignorieren funktioniert besser, wenn ich nicht zuhause bin.

Und: Die Aufgaben warten nicht, bis ich sage, hm, ich wär dann mal soweit. So finde ich mich nun in der überaus seltsamen Situation wieder, ein Instrument nicht so meistern zu können, wie ich es gerne hätte und trotzdem bereits jetzt damit in die Öffentlichkeit zu gehen. Naja, Zauberwort mit vier Buchstaben: NOCH. Noch nicht. Mit NOCH kannst du die Dinge vom Nichtberg wieder zurück ins Leben transportieren. Auf dem Nichtberg landen alle Inhalte mit NICHT. Wir zaubern alle ständig und die meiste Zeit ohne zu verstehen, dass wir das tun. Ich übe mit möglichst viel Hingabe und möglichst wenig Willen und versuche alles so zu machen, wie ich es sonst immer meinen Studentinnen und Studenten empfehle. Zwischendurch gehe ich raus und sehe, wie alles doppelt so groß, doppelt so bunt, doppelt so grün wächst und blüht. Wie sagte RoB so richtig: Die Erde ist nicht bedroht, der Mensch ist bedroht.

Ingeborg Freytag als Gast auf dem neuen Album von Maria Schüritz

„The Humming Trees“ bei mdr Kultur

Unsere Stringband ist zu Gast bei „Folk und Welt“ mit Grit Friedrich am 18. Mai um 21.00 – wow, „The Humming Trees“ im Radio.

Mit uns die üblichen 60 min. musikalische Neuentdeckungen, das lohnt sich sowieso!

Und Ingeborg hat bis Oktober ein Stipendium vom Musikfonds und ist seit gestern Gast auf Maria Schüritz‘ neuem Album (schöne Studio-Session, danke Ali!) und überhaupt …. Die Frauen um mich herum initiieren, tragen und halten Netzwerke – wir pflegen Austausch und Zuhören, die Weitergabe von Wissen und bestehen auf Anteilnahme, Beistand und Unterstützung. Noch ist nichts verloren sondern alles wieder da!

Resist! IF 1-22

Leipziger Frauenlauf am 15. Mai 2022

Nach der pandemischen Zwangspause 2020/ 2021 gibt es am Sonntag endlich wieder den Leipziger Frauenlauf im Clara-Zetkin-Park mit zwei Auftrittsgruppen aus meinem Unterrichtsuniversum Drums & Chants! Wir unterstützen das 1. Autonome Frauenhaus Leipzig und erinnern uns auch an die Zeit, als Frauen keinen Marathon laufen durften. Noch nicht lange her.

Wir spielen westafrikanische Trommelmusik an der Strecke, ermuntern die Läuferinnen und unterhalten das Streckenpublikum. Ich stehe mit meiner Gruppe an der Sachsenbrücke, die zweite zu bejubelnde Band spielt an der Rennbahnbrücke (der verlängerte Rennbahnweg). Besonders freue ich mich, dass mein wunderbarer Kollege Torsten Pfeffer mir beisteht und mit uns einen Ausflug in den afrikanischen Rhythmusdschungel macht. Möge es vergnüglich enden! Bitte die Regentänze auf den späteren Nachmittag verlegen ….

Wir spielen ab ca. 9.45 bis ca. 14.00 und freuen uns über geneigten, jubelnden Publiwitsch!

Streckenplan Leipziger Frauenlauf 2022

Denkhilfen

Ein Artikel von den nachdenkseiten. Hier schildert ein Mann mit Westsozialisation u.a. seine Vorbereitung auf die „Gewissensprüfung“ für die Verweigerung des Kriegsdienstes.

Moralische Zwickmühlen können sehr unterhaltsam sein, wenn sie fiktiv sind. Allerdings basieren sie eben alle auf der Annahme, es gäbe nur zwei Lösungen, die noch dazu beide schlecht sind. In die Kindererziehung übersetzt: Möchtest du die Tracht Prügel lieber von mir oder wollen wir warten bis Papi nach Hause kommt? Die Person, die die Frage stellt, diktiert die Bedingungen und den Raum, in denen die Antwort wohnt. Im Unterschied zum Kind ist es der erwachsenen Person möglich, die Bedingungen zu verweigern, die nur eine Auswahl zwischen zwei unakzeptablen Möglichkeiten vorsehen. Theoretisch.

Nicht schimpfen. So sind Hippies eben. Auch wenn sie jetzt Raver heissen. Oder so.

Unterwegs zwischen gestern und morgen

Wieder eine kleine Reise an Orte meiner Kindheit – Wald und Wasser, Laufen und Baden. Dieser unfassbar gelbe Raps grade. Und ein süsser Duft, der wie wir wissen, bald anfängt zu stinken. Hm, ein Schelm, wer da Vergleiche anstellt.

Auf der Rückfahrt hatte ich das Bedürfnis, auf dem Weg einen sowjetischen Friedhof zu finden, kurz an den Tag der Befreiung zu denken und ein Stoßgebet um Frieden/ Aussöhnung/ kreative Ideen an „werauchimmerdafürzuständigist“ zu schicken.

Geführt vom Navi landete ich auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof im Ilmpark/ Weimar.

Ich trat durch das Tor in eine andere Welt. Ich besuche sowieso gerne Friedhöfe, weil sie unterwegs oft die einzigen Orte in einer fremden Stadt sind, wo es Ruhe, Grün und Menschenleere gibt. Alle Gräber waren mit Nelken und Friedenstauben geschmückt. Dass deutsche Waffen jetzt auf die Enkel schießen, die diese Männer nie hatten – schwer erträglich. Dass alle Menschen, die in den letzten Jahrzehnten für Abrüstung, Verständigung und Aussöhnung mit unseren Nachbarn gearbeitet haben, sich jetzt entschuldigen müssen wegen ihrer verfehlten Aussenpolitik – schwer erträglich. Ich lebe nicht weit vom Völkerschlachtdenkmal – der steingewordenen Erinnerung an das große Schlachten 1813, in dem Russen und Preussen als Waffenbrüder dem Usurpator Napoleon Paroli boten. Die Sachsen schlugen sich damals klammheimlich auf die Seite des falschen Pferds, ironischerweise ist das Denkmal auf sächsischem Boden eben auch ein Zeichen für die Niederlage des sächsischen Königs und für Verrat und Irrtum. Naja. Im Nachhinein weiss man es immer besser.

Am Gedenkstein lagen offizielle Blumengebinde, aber auch handgeschriebene Zettel. Dankbares Gedenken für die, die damals für unsere Befreiung starben. Zumindest für die Freiheit, nicht mehr von Faschisten regiert zu werden. Leute, geht dahin, besucht diesen Ort. Er ist schön. Er ist friedlich. Niemand trägt dir was nach. Und trotzdem darfst du dich besinnen, wenn du willst. Dieser Ort lädt dich dazu ein. Es gibt mit Sicherheit keine Schuld (sorry, ich bin halt nicht religiös erzogen), aber es gibt Verantwortung. Für mich selbst, meine Gedanken, Handlungen, Worte. Mein Wofür und Wogegen. Was gebe ich in das Netz, in dem wir alle verbunden sind? Rechts am Gedenkstein stand ein Glas Wodka (die sto gramm, die es zu kaufen gibt) mit einem Brotkanten oben drauf. Ich brach in Tränen aus. Eine einfache Geste, ein kleines Opfer, etwas Wegzehrung für die Ahnen. Fürsorge. GesternHeuteMorgen. Die Welt ist komplex. Leben ist so unfassbar vielfältig. Mit eindimensionalen Lösungen kommen wir nicht weiter. Nein. Soviel ist sicher.

Zwischenwelten – jetzt auch auf Ingeborgs Kanal

Wir hatten eine schöne Online-Premiere auf Marias Kanal, von „Das ist ganz hohe Kunst!“ bis zu „Jetzt fehlt mir nur noch ein Lagerfeuer.“ war im Chatroom die Rede. Da fühle ich mich durchaus verstanden 😉

Damit auch mein Kanal noch etwas YouTube-Popularität abkriegt, habe ich unser LiveHörSpiel noch mal bei mir hochgeladen. Gerne kommentieren und uns bitte flüstern, wenn ihr eine coole Aufführungsmöglichkeit wittert. Das Konzept ist beinahe unbegrenzt in Zeit und Raum umsetzbar. Und damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde: Wir danken dem Kulturamt der Stadt Leipzig!

Zwischenwelten – Das LiveHörSpiel mit Ingeborg Freytag und Maria Schüritz

… Schwerter oder Pflugscharen. Für beides wird es nicht reichen.

Krieg ist das Versagen der Diplomatie. Buchstäblich auf ganzer Linie. Diplomatie ist Kommunikation, Kompromissbereitschaft und – fähigkeit, integratives Denken und Handeln. Eventuell auch ein wenig freundliche Erpressung 😉 Noch leben Menschen, die uns erzählen können, was Krieg im eigenen Land bedeutet. Und was eine Atombombe. Was es bedeutet, wenn Kinder und Greise einen Krieg gewinnen sollen, der längst verloren ist – nur weil die Verantwortlichen nicht kapitulieren wollen. Krieg ist keine schöne saubere Auseinandersetzung zwischen Profis. Der Anteil toter Zivilpersonen bei militärischen Handlungen ist seit dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 stetig angestiegen. Las ich mal vor vielen Jahren eine Statistik. Den Gegner zusätzlich zu demütigen, indem man „seine“ Frauen vergewaltigt, ist eine militärische Strategie und kein bedauerlicher Ausrutscher. Zivilpersonen als Schutzschilde zu benutzen auch nicht. Dass Menschen bereit sind, zu foltern, zu töten, zu vergewaltigen, wenn man ihnen die Erlaubnis dazu gibt und ihnen die Verantwortung dafür abnimmt, ist nichts Neues. Im Strafrecht ist es nun aber so, dass ein Verbrechen, auch ein Kriegsverbrechen, nachgewiesen werden muss. Auch dem Scheissnazi muss ich seine Schandtaten beweisen. Das war bitter für die Zeuginnen und Zeugen in den Prozessen nach 1945. Wenige Tage nach dem russischen Einmarsch (grade wollte ich Kriegsbeginn schreiben, aber der war ja 2014) sah ich in der Tagesschau Bilder von ukrainischen Männern, die sich an flugs eingerichteten Ausgabestellen Gewehre abholten und damit nach Hause gingen. Also sie gingen offenbar nicht in eine Kaserne, auf einen Appellplatz oder in irgendeine Befehlsstruktur. Rein theoretisch wären diese Männer also gut ausgerüstet, um ein wenig Jagd auf Russenfreunde, Plünderer und so weiter zu machen. Das hab ich mir jetzt natürlich alles zusammenschwadroniert! Und es gab Bilder von ukrainischen Männern, die an der Grenze aus den Zügen geholt wurden, weil sie natürlich Soldaten werden sollten und nicht etwa mit Frau und Kindern das Land verlassen! Ich finde, auch Männer sollten das Recht haben, zwischen Abhauen, Draufhauen und Totstellen zu entscheiden. In ausweglosen persönlichen Situationen sind wir sowieso nicht freie MeisterInnen unserer Entscheidungen. Ich wäre gespannt, was ohne allgemeine Wehrpflicht eigentlich passiert. Kämpfen dann nur noch Söldner? Wäre das ehrlicher? Hm. Gibt ja noch die allgemeine Mobilmachung. Im Verteidigungsfall müssen meine Wahlsöhne schießen und für mich und alle meine Herzensdamen findet sich auch noch ein Plätzchen. Kein Entkommen. Naja. Vielleicht gibts dann ja keinen Strom mehr, dann gibts auch kein Internet mehr und die flächendeckende Überwachung ist Geschichte. Mut, meine Damen und Herren! Niemand weiss, was morgen ist.

Und was machen wir eigentlich ohne diese ausweglosen Situationen? Dann wäre ja alles schnuckel, wie langweilig. Keine Helden, keine Opfer, nix. Echtes Mittelmaß.
Und wieso in Dreiteufelsnamen gelten Menschen, die grade und aufrecht stehen bleiben und darauf beharren, ihren Kopf zum Denken und nicht zum Helmtragen zu verwenden, als moralisch bedenklich, feige und schlimmeres? Mir klingeln noch die Ohren: „Na, das war doch gar keine richtige Revolution 1989, da ist ja gar kein Blut geflossen.“ Ist das der Maßstab? Dass es richtig um was geht? Um was wichtiges? Wenn das so wäre, wieviele Menschenopfer brauchen wir, um die Götter des Klimawandels zu versöhnen? Darf ich Elon Musk auf den Mond schnipsen? Das täte ich natürlich gerne, bevor er unser Trinkwasser vergiftet. Gottseidank ist er kein Jude, sonst würde ich jetzt die Brunnenvergifter-Geschichte verbreiten. Man muss ja so aufpassen. 


Ich jedenfalls bin froh, dass mein Autoschrauber im Herbst 1989 nicht auf mich und meine FreundInnen schießen musste. Das hätte uns beiden nicht gut getan. 


Мир. Auf russisch „Frieden“ oder „Welt“. Im Schlachtenlärm geht grade vollkommen unter, dass es in der patriarchalen Welt sowieso keinen Frieden gibt. Für niemanden. Also was wundern wir uns eigentlich. „Krieg dem Kriege. Und Frieden auf Erden.“ Leute, lest Tucholsky. Und Ossietzky, Mühsam, Luxemburg und Suttner. In allen Vorkriegen unserer jüngeren Geschichte wurde zunächst die Welt in Gut und Böse eingeteilt.

Einfach nicht mitmachen. Wäre ein Anfang.

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