Fiktion und Wirklichkeit

Die Bühne ist nicht das Leben, das Internet ist nicht das Leben, ein Tatortkrimi ist kein Dokumentarfilm und ein Roman gibt nicht notwendigerweise die private Meinung der Autorin/ des Autors wieder. Kunst ist nicht das Leben! Mein Blog ist nicht mein privates Tagebuch. Natürlich war Romy Schneider nicht die Kaiserin Sissy. Hollywoods Frauenheld Rock Hudson war schwul. Frank Wedekinds Tante ist nicht gestorben, weil ihr Neffe sie geschlachtet hat und Jens Paul Wollenberg hat soweit ich weiß gar keine Tante, obwohl er Wedekinds Song sehr gerne und überaus überzeugend interpretiert. Gitte Haenning ist nicht immer stark und Konstantin Wecker hat möglicherweise nie einen Freund namens Willy gehabt. Hurra hurra die Schule brennt.
Also warum zum Henker nehmen wir #allesdichtmachen nicht als das Theaterstück was es ist? Bitte! Ich muss keinen Mord begangen haben um eine Mörderin glaubhaft darstellen zu können. Eine sorgfältige Erarbeitung der Rolle tut es auch.
Unter „coronaspot der bundesregierung #besondere helden“ gibt es die Original-Steilvorlagen der Bundesregierung auf YouTube. Ich sehe da gewisse konzeptionelle Verwandtschaften 😉 Die Kriegsveteranen verhohnepipeln, also wirklich ….. so geht es aber nicht, liebe Bundesregierung!
Und im übrigen: Die Angehörigen der medizinischen Berufe haben mitunter einen recht drastischen Humor, den man so nicht auf die Bühne bringen könnte, ohne sich dem Vorwurf des ungezügelten Zynismus auszusetzen.

Ich hatte einen schönen Anlass, die Resolution von 1989 rauszukramen. Lang ist es her. Die beständige Aufforderung zur Selbstdarstellung hat uns alle verändert. Ziemlich eindimensional ist die Welt aktuell. Vorhang auf für unser aller Reichtum, unsere Vielfalt und Verschiedenheit!

Katzenkrallen

Ein Koan, ein Zentext – die ja allesamt davon handeln, dass der unbedingte Wille zur Erleuchtung uns leider der Erleuchtung keinen Schritt näher bringt.

Katzenkrallen

Ein Schüler sagte: „Ich habe gehört, dass man durch sittliches Handeln, Meditieren und Weisheit auf dem Weg vorankommt.“ Der Meister erwiderte: „Mit derlei Kram gebe ich mich nicht ab.“ Darauf meinte der Schüler: „Wie bedeutungsvoll muss deine Lehre doch sein. Aber ich begreife sie nicht.“ Der Meister sprach: „Wer sie verstehen will, muss den höchsten Berg erklimmen und auf dem Gipfel sitzen, oder in die Tiefsee tauchen und auf dem Meeresgrund spazieren. Du schaffst es, so erdrückt von innerer Last, nicht einmal bis ins Bett.“

Also: Ziehe keine Katze, die sich wehrt, über den Teppich. Ihre Krallen machen alles noch übler.

Von der Forschungsreise zu den Rahmentrommeln zurück mit Bildern und Geschichten aus dem Thüringer Wald. Und natürlich mit Rahmentrommeln. Reichtum. Nicht erfassbar von den Schnappsäcken dieser Welt. Wie gut!

Alltagsdesign V

Eine Sehhilfe aus dem AGRA-Park. Ein gutes Gespräch im Kulturamt der Stadt Markkleeberg. Und die Konzeptionen/ Planungen für das Lausitz-Projekt im August gehen voran. Und es macht sogar Spaß, das ganze so zu entwerfen, dass eine Abstimmung mit den dann möglicherweise geltenden Regeln und Einschränkungen möglich ist. Außer natürlich der Militärputsch kommt. Ähm, warn Scherz. Aber dass quer durch die Generationen nach schärferen, härteren, autoritäreren Maßnahmen geschrien wird …. Phhhh. Womöglich ist der Tag nicht mehr fern, an dem wir uns in die „Merkel-Diktatur“ zurücksehnen. Ich jedenfalls habe keine 25 Jahre mehr Zeit, um darauf zu warten, dass die Mauer wieder aufgeht.

Die nun abgewürgten Modellprojekte in Augustusburg und Tübingen (Gastro, Hotel, Museum, Kultur usw. öffnen und können mit Negativtest besucht werden) wollten eigentlich Fakten darüber sammeln, wie wir uns mal endlich langsam vom Glauben Richtung Wissen bewegen. Zu wissen, wie Infektion nicht stattfindet, wäre ja auch schon mal was. Erinnert mich ganz ungut an die Menschen, die es mit dem Aufbau des Sozialismus ernst meinten und tatsächlich versuchten, sich mit ganzem Herzen an der Umgestaltung zu beteiligen und ihre Welt besser und gerechter zu machen. Da kam ein Funktionär des Wegs. Was für eine grandiose Verschwendung von Mut, Ideenreichtum und unternehmerischem Engagement. So verlieren wir die Menschen. So wie wir sie damals auch verloren haben. Und die nächstbeste mediengeile Pappnase kann die Bühne entern, ihr Fähnchen schwenken und rufen: Folget mir nach, ich weiß die Wahrheit. Keine Experimente mehr!

Naja. Verändere was möglich ist und gib Gott auch noch was zu tun. Der Göttin, dem schöpferischen Universum, dem Schicksal, dem Geist von Karl Marx oder Allah dem All-Erbarmer. Die Strategien der Befreiungstheologien des vorigen Jahrhunderts gelten immer noch.

Wir geben den Hungrigen zu essen und den Durstigen zu trinken. Wir sammeln Geld für die, die Medikamente brauchen, oder Schuhe oder Saatgut. Wir sorgen für Stifte, Papier und Bücher. Wir trösten die Mutlosen und sprechen mit den Zornigen über eine gerechtere Welt. Dann wird Gott schon dasein.

Eine blühende Magnolie im AGRA-Park.

Pilgerfahrt

Gestern im Aprilwetter auf dem Petersberg. Lange war ich nicht dort und fast hatte ich vergessen, wie anmutig der kleine Steinbruchsee ist. Der Weg zur Stiftskirche geriet zur Meditation, Baumbruch und forstwirtschaftliche Maßnahmen, ich landete auf der Rückseite wo es natürlich keinen Eingang gibt. Also konzentriert den Weg zurück am Hang über die Bäume klettern und ordentlich auf dem Weg zum Haupteingang. Sozusagen geläutert betrat ich die Kirche. Vor vielen Jahren lud mich ein junger Ordensmann zur „Nacht der Lichter“ ein. Überall Kerzen in der Kirche, auf den Wegen und in den Bäumen. Ich spielte Geige und es gab einen Tanz der Frauen zu meiner Basstrommel. Immer mal wieder geschehen seltsame Dinge. Man denkt, das geht doch nicht. Und dann geht es doch. Der Berg ist die höchste Erhebung auf diesem Breitengrad bis zum Ural. Ich blinzle und Schlackehalden, Ortschaften und Felder rundherum verschwinden. Die Kirche löst sich auf. Ich war ich bin ich werde sein.

Hoffnung verkünden

Ich höre Ali Farka Touré & Toumani Diabaté – sie trösten mich. Hören

Und Stein, der einmal Holz war, herausgewühlt vom Tagebau – tröstet mich auch. Menschen, die Hoffnung verkünden, obwohl die Welt voller Angst und Panik ist. Dass das schöpferische Universum alles zu sich nimmt, verwandelt und heilt. Auch der Gewalttäter wird Kompost.

Ich weiß grade nicht, wie ich es schaffen soll, ruhig am Fluss zu sitzen und zu warten, bis die Leichen meiner Feinde an mir vorbeitreiben. Morgen weiß ich es wieder. Nicht verwickeln lassen! Atmen, schreiben, singen, spielen. Die Kreativen werden überdauern.

Lockdown. Breakdown.

Langsam geht es an die Substanz, oder wie unsere Großeltern sagten, ans Eingemachte. Dass es nicht gut sein kann, die Vorräte restlos aufzuessen, ist klar. Auch die Vorräte an Mut und Zutrauen, Lebensfreude und psychischer Stabilität aufzubrauchen, macht angreifbar. Angreifbar für den Hunger. Hunger nach einfachen Lösungen. Alles, alles, ja, ja, ja – nur ein Ende soll es haben. Nie zuvor war so deutlich, in welchem Maß unsere Gesetze, Regeln und Grundvereinbarungen auf Unwissen, Vermutungen, Annahmen und Vorurteilen beruhen. Damit meine ich nicht Regeln wie z.B. dass Dinge vom Tisch auf den Fussboden fallen, wenn sie keinen Raketenantrieb haben und dass wir meistens nicht durch die Wand aus dem Haus gehen können.

Wie gut, dass immer ein Kollege oder eine Kollegin zur Stelle ist, um mich aus dem Loch zu holen, wenn es mir grade nicht allein gelingt. Und humoristische Einlagen wie im Bild, köstlich. Schön, dass es immer noch Dinge gibt, auf deren Funktionieren man sich verlassen kann. Z.B. deutsche Bürokratie, das Fokussieren der Belange der eigenen Behörde und die grandiose Fähigkeit, das Leben rundherum nahezu vollständig auszublenden. Dazu Unbarmherzigkeit, Habgier und machtgeiles Getue von Menschen, die eigentlich alles haben und auch in dieser Pandemie noch nicht viel verloren haben. Naja. Das letzte Hemd hat keine Taschen.

Neue Projekte. So sieht der sowjetische Pavillion auf der Alten Messe als Walfisch aus. Meinte Tania und die muss es wissen, sie ist schließlich Bulgarin. Töne fangen im Tagebau Profen (noch bis 2035) für Spiel.Raum.Struktur.Wandel in der Lausitz. Neue Definitionen für die Welt von gestern. Monas ägyptisches Universum. Die Parade der Mumien in Kairo – unverschleierte Frauen spielen Snare Drum, Pauken, Geige und Daf. Ein altägyptisches Hohelied auf Isis wird gesungen, auf die Göttin von Himmel und Erde, die Mutter der Menschen und der Götter. Das ist unsere Kultur, sagt Mona – nicht die Wahabiten mit ihrem Schleier, der Beschneidung und dem ganzen Wahn. Nun muss ich doch noch Rahmentrommel üben, war mir immer zu fitzelig, reicht ja wenn ich Geige spiele …. Wir werden also unsere Zusammenarbeit vertiefen!

Wenn „the humming trees“ sich treffen, ist tatsächlich noch etwas da, was über die im Moment erzeugte Musik hinausgeht. Wer weiß, vielleicht summen tatsächlich die Bäume. Und natürlich tauschen wir uns aus, wüten und trauern, lachen und geben uns Halt und Zuversicht.

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