13. Februar 2023 – 1945

Meine Gesangsprofessorin war als Kind mit ihrer Mutter aus Dresden nach Leipzig geflohen und erlebte die Bombennacht aus der Entfernung. „Ingeborg, der ganze Himmel war taghell erleuchtet und rot vom brennenden Dresden.“ Ich habe seither oft versucht, mir das vorzustellen. Bei vielen Abend- oder Morgenröten dachte ich daran. Für viele jüdische Menschen (die ja nach 1941 nicht mehr ausreisen durften) war das brennende Dresden (wenn sie überlebten) die Rettung, weil dabei auch sämtliche Unterlagen, Deportationspapiere usw. zu Asche wurden. Als Externe der Musikhochschule und halbe Dresdner Sächsin war ich als Kind oft in der Stadt, auch in den zentral gelegenen Museen und im Schauspielhaus. Später habe ich dort studiert, gewohnt und meine ersten Bandprojekte gestartet. Oft führte mich mein Weg an der Ruine der Frauenkirche vorbei.

Ich persönlich hätte die Kirche nicht wieder aufgebaut. Ich fand es gut, im Alltag immer wieder mal innezuhalten und daran zu denken, was Krieg bedeutet. Nach 45 besuchten englische und amerikanische Bomberpiloten Dresdner Überlebende. Heilung und Versöhnung waren ganz lange wichtige Themen – nicht immer in den Schlagzeilen. So wie auch jetzt die Schlagzeilen nicht das wirkliche Leben abbilden. Damit meine ich ausdrücklich alle Schlagzeilen.

Ende der 80er starb ein junger Mann aus dem erweiterten Freundeskreis bei einem Manöver nördlich von Berlin. Er wurde von einem Panzer überrollt. Ich schrieb ein Lied – das einzige wirklich politische Lied im Repertoire meiner damaligen Band „frank & frey“ ….. Mir machte die Militarisierung meines Landes Sorgen, die Aufrüstung kannte scheinbar keine Grenzen mehr und die jungen Männer kamen traumatisiert und mit ausgebrannten Augen von „der Fahne“ (ihrem Grundwehrdienst) zurück. Die Möglichkeit der Verweigerung gab es real nicht. Die Bausoldaten wurden als billige Arbeitskräfte ausgebeutet und genauso oder schlimmer geschurigelt. Die eine oder andere positive Anekdote existiert natürlich – man konnte auch Glück haben.

Ein kleiner Stolperstein auf dem „Highway To Hate“: eine russische Geburtstagsfeier am Wochenende, der Wollenberg und die Pillingkinder haben gesungen, Pojechaly hat gespielt, es wurde getanzt zu unserer Musik, wir ehrten Uta und ihre Texte, alle Generationen, verschiedene Sprachen und Herkünfte waren anwesend – Essen, Trinken, Reden und Normalität leben. Trotz aller Unterschiede. Auch das ist die Realität.

Und ein anderer kleiner Stolperstein, ein Lied, was alle Ostsozialisierten aus ihrer Kindheit kennen. Geschrieben wurde es übrigens von einer Kindergärtnerin. Flüchtling aus Schlesien, gelandet im Südharz. Da, wo ich herkomme.

Kleine weiße Friedenstaube, fliege übers Land; allen Menschen, groß und kleinen, bist du wohlbekannt.

Du sollst fliegen, Friedenstaube, allen sag es hier, dass nie wieder Krieg wir wollen, Frieden wollen wir.

Fliege übers große Wasser, über Berg und Tal; bringe allen Menschen Frieden, grüß sie tausendmal.

Und wir wünschen für die Reise Freude und viel Glück; kleine weiße Friedenstaube, komm recht bald zurück.

Wem der Text zu naiv ist, führe sich „Der Frieden“ von der Gruppe Lift zu Gemüte – die Lyrics hat der von mir sehr verehrte Leipziger Dichter Andreas Reimann geschrieben – wer sie noch im Schrank hat, von der LP „Rock für den Frieden 1982“. Ansonsten bei Radio Iskra auf YouTube.

Was du aussendest, kehrt dreifach zu dir zurück. Bedenke das Gesetz.

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