Schwellenzeit

In allen Kulturen gilt der Aufenthalt auf der Schwelle als nicht vielversprechend bis sehr gefährlich. Auf allen Schwellen tummeln sich die Geister, die meistens nicht wirklich böse, sondern nur auf der Suche nach guter Unterhaltung sind. Wenn du da reingerätst, is Pech. Soviel Energie, wie du da verlierst, kannst du von Haus aus gar nicht haben. Auch Übergangszeiten sind solche Schwellen. Wir erleben grade, wie geisterbesoffene Leute es total geil finden, 125 oder 1378 Menschen von einer Bühne aus Dinge zuzurufen. Ist um einiges geiler als ein Youtubevideo zu produzieren, obwohl die Kommentare drunter auch beim Aufplustern helfen. Als Bühnenmensch weiß ich natürlich um die identitätsstiftende Wirkung solcher Maßnahmen. Ich finde nur, in einem Prozess, der uns sehr klar, scharf und hässlich zeigt, wo unsere Gesellschaft/ Ordnung/ Grundvereinbarung/ Regierungsform versagt, sollte es nicht nur um die Geisterbelustigung auf der Schwelle gehen. Die Zauberkünstler in den Varietes meiner Kindheit wiesen mit großer Geste auf den Blumenstrauß, um derweil die mysteriöse Wanderung der Münze von der rechten zur linken Hand auszuführen.

Ich sehe keinen Plan und keine planvoll handelnde Elite, weder jetzt noch in der Geschichte. Ich sehe umfassendes Versagen und umfassenden Unwillen zu lernen. Macht, und sei sie noch so lächerlich, ist natürlich „die Lizenz zum NichtLernenMüssen“. (Karl W. Deutsch)

Hier ein paar Ideen, um was es gehen könnte:

  • eine hochtechnologisierte, hocheffiziente Recyclingwirtschaft, die dafür sorgt, dass nichts auf diesem Planeten mehr einfach weggeworfen wird – dass Unternehmen, die die Ressourcen unseres Planeten ausbeuten, sich wandeln dürfen und unternehmerischer Sachverstand sich visionären = zukunftsorientierten Lösungen zuwenden kann
  • ein Gesundheitssystem, was den Beschäftigten ermöglicht zu heilen, zu helfen und zu pflegen. Wer lieber im Labor arbeitet oder Hightech-Prothesen entwickelt, bitte ja! Und wer stolz sein möchte, dass 72-Stunden-Schichten ohne ausreichende Personaldecke persönlicher Standard sind, bitte ja. Gerne bei „Ärzte ohne Grenzen“ oder in Notstandsgebieten….. nicht als allgemeingültige Handlungsrichtlinie!
  • ein Bildungssystem, was nicht eher ruht, als bis jeder Mensch in jedem Alter seine persönlichen Lehrpersonen, seine Lernform, seinen Lernort gefunden hat und sich mit Freude weiterentwickelt
  • eine Regierungsform, die denen, die nach uns kommen (unseren Kindern, Enkeln, Urenkeln >>>>>) und denen die keine Stimme haben (weil sie angeblich nicht leben = Erde/ Feuer/ Wasser/ Luft, aber auch Pflanzen, Tieren, Viren, unseren Ahnen usw.) ein Mitspracherecht gibt
  • eine Gesellschaft, die die Unterschiede respektiert und daraus keine Bewertungen bastelt
  • eine Gesellschaft, die weiß, dass Menschenrechte für alle gelten müssen, weil sie sonst für niemanden gelten
  • die Unterstützung der jungen Aktivistinnen und Aktivisten, die viele Ideen und viel Mut haben, diese Welt umzubauen, damit zivilgesellschaftliches Engagement und individuelle Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen möglich ist bzw. wird.
  • die Möglichkeit, emotional reduzierte Workaholics in ihrer Verarmung wahrzunehmen und nicht als Leuchttürme an Arbeitsmoral und Unternehmergeist, deren Wertevorstellungen die Gesellschaft prägen

Sehhilfen vom Nymphenbad in Weimar.

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