Stille

Schnee. Wind, der mit dem Schnee spielt. In Mitteldeutschland ist ja oft auch das Wetter so mittel, also stürmt es grad nicht so dolle wie anderswo. Bleibt mehr Raum für die Wahrnehmung der Poesie.

Ein weiteres aktuelles Thema (neben Sterben und Tod) ist sicher Stille und Stillstand. Rückzug. Bewegungslosigkeit. Innenschau. Einkehr. Ruhe. Isolation. Nicht-Tun. Seit ich im wiedervereinigten Deutschland lebe, höre ich jedes Weihnachten die Menschen ächzen, wie so sehr zu viel ihnen alles ist. Zu viele Weihnachtsmänner, Pfefferkuchen, Lichter und Blinkelämpchen, zuviel Last Christmas und Stille Nacht, zuviele vom Kaufen und vom Glühwein Berauschte, zuviel Gemache und Gerenne. Alles zuviel. Öffentliche Gelder müssen noch schnell ausgegeben werden, damit die Förderung nicht schrumpft im Neuen Jahr. Und diejenigen, die es bewusst anders machen, eine lebendige Fichte in der Natur besuchen, einander mit Gemeinschaft beschenken oder einfach nur rumsitzen —– sie fühlen sich wie auf einem Floß aus Zuckerwürfeln in einem aufgewühlten Wasser. Ach ja früher, also ganz früher. Die Winterzeit als Zeit des Rückzugs, leben mit den Vorräten (den Ressourcen), sich Besinnen auf das Wesentliche, schlafen, träumen und eingeschneit sein.

Sich diese Freiheiten zu nehmen war wohl zu wenig spektakulär, da kam das Corona-Virus gut zu Hilfe. Für die meisten von uns ist es ein komfortabel ausgestalteter Lernprozess. Haben wir Mitgefühl und solidarische Hilfeleistung für die anderen? Wie haben es die Neoliberalen dieser Welt eigentlich geschafft, uns einzureden, wir würden uns besser fühlen, wenn wir unsere NachbarInnen als Wendegewinner, Sozialschmarotzer, Leistungserschleicher und UnberechtigtHilfenKassierer dingfest machen? Wieviele Leute mit drei goldenen Wasserhähnen im Bad kennst du?

Die Kinder der DDR wissen, dass Solidarität nicht unbedingt was mit SichMögen zu tun hat oder haben muss. Auch Notgemeinschaft ist kein Synonym für Solidarität. Handeln aus Mitgefühl heisst doch einfach nur, ich kann mir vorstellen wie es dir geht. Und etwas gesunden Eigennutz: ich möchte, dass mir auch jemand hilft, wenn ich in einer ähnlichen Situation bin. Da braucht man keine Räucherstäbchen, keine Dudelmucke und keinen „Energieausgleich“. Nix gegen. Höre grade Brian Eno. Ist natürlich Ambient und kein Dudel!

Am Tisch sitzen der Milliardär, der Hartz4-Empfänger und der Migrant. Vor ihnen 20 Kekse. Der Milliardär zählt sich 19 Kekse in seinen Aktenkoffer und sagt zum Hartzer: „Nu musste aber aufpassen, der Ausländer da wird dir gleich deinen Keks wegnehmen!“

Dass Frauen der Haus- und Betreuungsarbeit fröhnen (heißt heute Homeoffice und Homeschooling), während Männer meinen, sie müssten mich im Tiefschnee überholen – ja, das ist natürlich eine vollkommen unzulässige Verallgemeinerung einer sowieso schon unvollständigen Wahrnehmung. Macht aber Spaß 😉 und löst Verkrampfungen. Lachen kann man auch im Winter.

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